Gesetz, betreffend die Vereinigung von Elsaß und Lothringen mit dem Deutschen Reiche

vom 9. Juni 1871

geändert durch:
Gesetz vom 20. Juni 1872 (RGBl. S. 208), Gesetz vom 31. Mai 1911 (RGBl. 225)
 

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ec.

verordnen hiermit im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichtages, was folgt:

§ 1. Die von Frankreich durch den Artikel I des Präliminar-Friedens vom 26. Februar 1871 abgetretenen gebiete Elsaß und Lothringen werden in der durch den Artikel I des Friedens-Vertrages vom 10. Mai 1871 und den dritten Zusatzartikel zu diesem Vertrage festgestellten Begrenzung mit dem Deutschen Reiche für immer vereinigt.

§ 2. Die Verfassung des Deutschen Reiches tritt in Elsaß und Lothringen am 1. Januar 1873 in Wirksamkeit. Durch Verordnung des Kaisers mit Zustimmung des Bundesrathes können einzelne Theile der Verfassung schon früher eingeführt werden.

Die erforderlichen Änderungen und Ergänzungen der Verfassung bedürfen der Zustimmung des Reichstages.

Artikel 3 der Reichsverfassung tritt sofort in Wirksamkeit.

Durch Gesetz vom 20. Juni 1872 wurde bestimmt:
"Der im § 2 des Gesetzes vom 9. Juni 1871, betreffend die Vereinigung von Elsaß-Lothringen mit dem Deutschen Reich (Reichsgesetzbl. 1871, S. 212) auf den 1. Januar 1873 bestimmte Termin, an welchem die Verfassung des Deutschen Reichs in Elsaß-Lothringen in Wirksamkeit treten soll, wird auf den 1. Januar 1874 verlegt."Damit ist im § 2 das Datum "1. Januar 1873" faktisch ersetzt worden durch: "1. Januar 1874".

§ 3. Die Staatsgewalt in Elsaß und Lothringen übt der Kaiser aus.

Bis zum Eintritt der Wirksamkeit der Reichsverfassung ist der Kaiser bei der Ausübung der Gesetzgebung an die Zustimmung des Bundesrathes und bei der Aufnahme von Anleihen oder Übernahme von Garantien für Elsaß und Lothringen, durch welche irgend eine Belastung des Reichs herbeigeführt wird, auch an die Zustimmung des Reichstages gebunden.

Dem Reichstage wird für diese Zeit über die erlassenen Gesetze und allgemeinen Anordnungen und über den Fortgang der Verwaltung jährlich Mittheilung gemacht.

Nach Einführung der Reichsverfassung steht bis zu anderweitiger Regelung durch Reichsgesetz das Recht der Gesetzgebung auch in den der Reichsgesetzgebung in den Bundesstaaten nicht unterliegenden Angelegenheiten dem Reiche zu.

Durch Gesetz vom 31. Mai 1911 wurde der § 3 aufgehoben.

§ 4. Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers, der dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.

Durch Gesetz vom 31. Mai 1911 wurde der § 4 aufgehoben.

    Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

    Gegeben Berlin, den 9. Juni 1871

Wilhelm.

Fürst v. Bismarck.